Erste Initiativen zur Sammlung und Archivierung
Eine kontinuierliche Geschichte des KIT-Archivs beginnt mit der Einrichtung des Archivs der Universität Karlsruhe (TH) im Jahr 1985. Jedoch gibt es eine Vorgeschichte, deren Kenntnis bei der Benutzung des Archivs nützlich sein kann.
Der erste Hinweis auf eine Verwahrstelle für Sammlungsgut von historischem Wert findet sich mit einer Andeutung, dass vor dem 2. Weltkrieg die seinerzeit noch im Hauptgebäude an der Kaiserstraße untergebrachte Hochschulbibliothek eine solche Funktion gehabt habe.[1] Sofern dies den Tatsachen entspricht, kann dort aber keine reguläre Archivierung von Verwaltungsschriftgut stattgefunden haben. Ein erster Schritt in diese Richtung erfolgte im Jahr 1943, als das Rektorat der Technischen Hochschule Karlsruhe nicht mehr benötigte Unterlagen in das Generallandesarchiv in Karlsruhe überführen ließ, die dort als Bestand 448 Technische Hochschule Karlsruhe aufgenommen wurden. Zum rechtlichen Charakter der Abgabe stellte im Jahr 1972 ein Mitarbeiter des Generallandesarchivs fest: "Die Abteilung 448 ist bekanntlich ein Depositum der Universität Karlsruhe." [2]
[1] KIT-Archiv (KITA) 21001, 1250 (24.06.1953, Hermann Donandt an den Rektor der Technischen Hochschule Karlsruhe).
[2] Generallandesarchiv Karlsruhe (GLAK) 450, 2190 (15.12.1972, Vermerk).
Institutionalisierung
Die Einrichtung eines eigenen Archivs wurde an der Technischen Hochschule Karlsruhe Mitte der 1950er-Jahre erörtert. In einem an Rektor Rudolf Scholder gerichteten Schreiben vom 13.06.1955 äußerte der Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte Walther Peter Fuchs, er sei "auf die befremdliche Tatsache gestossen, dass es kein Hochschularchiv gibt, das die bei der Hochschule selbst anfallenden Akten sammelt, wie es bei jeder Universität und Hochschule der Fall ist." Mit dem Hinweis auf die Bedürfnisse künftiger "Geschichtsschreiber der Fridericiana" regte Fuchs Abhilfe an. Der Senat der Hochschule erklärte in der Folge sein Interesse am Aufbau eines Archivs, und der Rektor forderte Fuchs auf, ein Konzept zu erstellen.[3] Dieser empfahl nun, "das Hochschularchiv an seinem augenblicklichen Aufbewahrungsort, dem Badischen Generallandesarchiv zu belassen, da bei einer Verwaltung durch die Hochschule selbst […] infolge des Wechsels der Persönlichkeiten nicht immer die Gewähr für eine sachgemässe Bearbeitung gegeben ist." Gleichzeitig berichtete er von seinem Einsatz für die Erschließung der noch unverzeichneten Unterlagen im Generallandesarchiv.[4] Diese Arbeit wurde 1957 unter Fuchs' Aufsicht durch die wissenschaftliche Hilfskraft Wolfgang Ebert geleistet.[5] In der Folge entschloss sich der Senat zur Fortsetzung der Abgabepraxis: "Die noch in der Hochschule lagernden archivwürdigen Unterlagen sollen gleichfalls durchgesehen und dem Archiv einverleibt werden." [6] Wenig später schlug Fuchs vor, einen ehrenamtlichen "Hochschularchivar zu bestellen". Dieser solle von Zeit zu Zeit die Einrichtungen der Hochschule bitten, Unterlagen "an das Hochschularchiv abzugeben" und Anfragen beantworten. In Fällen "größerer Aktenzugänge wäre ihm eine Hilfskraft beizuordnen". Die Deponierung des Archivguts im Generallandesarchiv solle beibehalten werden.[7] Ende November 1957 trug der Senat Fuchs "das Ehrenamt des Hochschularchivars" an.[8] In dieser Eigenschaft ließ Fuchs 1958 weitere Unterlagen aus der zentralen Hochschulverwaltung und den Fakultäten im Generallandesarchiv deponieren und durch Ebert verzeichnen.[9]
[3] KITA 21001, 1250 (15.07.1955 und 07.07.1956, Rektor an Fuchs).
[4] Ebd. (26.07.1956, Fuchs an Rektor).
[5] Ebd. (14.11.1957, Fuchs an Rektor).
[6] KITA 21001, 598 (Protokoll der Senatssitzung vom 04.11.1957).
[7] KITA 21001, 1250 (14.11.1957, Fuchs an Rektor).
[8] Ebd. (28.11.1957, Rektor an Fuchs).
[9] Siehe das im Mai 1958 fertiggestellte Findmittel zu dieser Abgabe. UAKA, Dienstregistratur, Az. 7511.1-10001.
Eigene Verwahrung von Archivgut
Nach Fuchs' 1962 erfolgtem Wechsel an die Universität Erlangen wurde auch sein Nachfolger Thomas Nipperdey im Juni 1964 mit dem Ehrenamt des Hochschularchivars betraut.[10] Nach Nipperdeys Weggang im Jahr 1967 gelangte die Betreuung des "Hochschularchivs" im Mai 1968 erneut auf die Tagesordnung des Senats, der eine Kommmission zur Behandlung der Frage einsetzte.[11] Auch wenn über das Wirken dieser Kommission nichts weiter bekannt ist, könnte es eine Folge ihrer Tätigkeit sein, dass der zuvor am Institut für Kunstgeschichte der Universität als Assistent tätige Joachim Hotz (*1934, +1983)[12] ab dem 01.10.1968 die Funktion eines Archivars übernahm.[13] Anlässlich einer Anfrage beschrieb Rektor Heinz Draheim Anfang 1970 die Verhältnisse des Archivs mit den Worten: "Die Universität Karlsruhe besitzt ein Universitäts-Archiv; es untersteht dem Rektor und ist mit einem Wiss. Angestellten besetzt. Die Unterbringung soll im Hauptgebäude der Universität nach Fertigstellung eines Umbaus erfolgen. Die Institutionen der Universität geben ihre archivwürdigen Akten an das Universitäts-Archiv ab […]." [14] Im Juni 1970 übernahm Hotz die heute als Bestand 27016 Nachlass David Müller verwahrten Unterlagen. Wahrscheinlich gelangten auch durch die Fotografin Ilse Laurson, geb. Schmidt, gefertigte Aufnahmen von Universitätsgebäuden, die sich heute im Bestand 28010 Allgemeine Fotosammlung befinden, während Hotz' Tätigkeit in die historische Überlieferung der Universität.[15] Ein von ihm 1972 fertiggestelltes Spezialinventar der die Universität Karlsruhe betreffenden Akten im Generallandesarchiv bezeugt sein Interesse an der Geschichte der Fridericiana. Zum 150. Hochschuljubiläum im Jahr 1975 trat Hotz als Autor der Schrift Kleine Geschichte der Universität Fridericiana Karlsruhe (Technische Hochschule) hervor. Außerdem führte er die Chronik der Universität und bereitete das im Jahr 1975 begangene 150. Gründungsjubiläum organisatorisch vor. Hotz' Tätigkeit für das Universitätsarchiv endete jedoch vorher, mit dem Jahr 1973.[16]
Mit der Bestellung von Hotz' Nachfolger Klaus-Dieter Neumaier zum 01.02.1974 und der Umbenennung des Universitätsarchivs in Referat für Universitätsgeschichte und Dokumentation war eine Idee archivischer Tätigkeit durchaus verbunden. Die Ausschreibung der Stelle lautete auf "einen wissenschaftlichen Mitarbeiter[,] der die historisch und wissenschaftsgeschichtlich bedeutsamen Bestände der Universität sichtet, auswertet und in Verbindung mit dem Generallandesarchiv archivieren soll." [17] Im April 1974 ließ Neumaier einen Fragebogen an Fakultäten, Institute und universitätsunmittelbare Einrichtungen ergehen, mit dem er sich genaue Angaben über die vorhandenen Altregistraturen und "Sammlungswürdiges Material" zu verschaffen suchte. Seine Tätigkeit endete jedoch nach wenigen Monaten zum 30.07.1974.[18]
Die von Neumaier verlassene Stelle wurde 1978 mit einer Verwaltungsangestellten unter der Bezeichnung "Referat Archiv und Dokumentation" wiederbesetzt. Die Einwerbung von Archivgut war nun nicht mehr möglich. Eine fortgeführte Aufgabe war die Führung der Universitätschronik.[19] Die 1978 eingestellte Verwaltungskraft beendete ihre organisatorisch beim Rektor angesiedelte Tätigkeit zum 31.03.1984. Ihre Tätigkeit wurde von Frau Helga Freischmidt übernommen, die den während ihrer Anstellungszeit auf 'Dokumentation' eingeschränkten Aufgabenbereich bis 1998 innehatte.[20] Der Grund für die zuletzt genannte Veränderung war die zum 01.10.1985 erfolgte Bestellung des Karlsruher Privatdozenten Klaus-Peter Hoepke (*1932, +2004) zum Universitätsarchivar.[21]
[10] KITA 21001, 1250 (30.06.1964, Rektor Schulz an Nipperdey; 16.07.1964, Nipperdey an Rektor).
[11] KITA 21001, 596 (Protokoll der Senatssitzung vom 13.05.1968).
[12] Todesjahr nach telefonischer Auskunft der Stadtverwaltung Bamberg.
[13] KITA 21011, 1010 (31.12.1973, Zeugnis des Rektors).
[14] KITA 21001, 1250 (29.01.1970, Rektor an Prof. Hübinger/Bonn).
[15] In einem 2003 geführten Gespräch berichtete Frau Laursson dem Autor, sie habe Aufnahmen von Gebäuden der Universität beim Ende Ihrer Tätigkeit als Leiterin des zentralen Fotolabors der Fakultät für Architektur beim Rektorat abgegeben. Frau Laursson wirkte bis 1970 an der Universität.
[16] KITA 21011, 1010 (31.12.1973, Zeugnis des Rektors). Die Chronik in UAKA 21007, 45-70.
[17] KITA 21011, 1011 (05.10.1973, Stellenausschreibung in der 'Zeit').
[18] KITA 21011, 1011. Die Ergebnisse der Fragebogenaktion gelangten in die Dienstregistratur des KIT-Archivs.
[19] Angaben zu Beginn und Inhalten der Tätigkeit nach mündlicher Auskunft durch Frau Reiff am 09.10.2008.
[20] KITA 28014 Sammlung Personal- und Vorlesungsverzeichnisse.
[21] Zur Biografie Hoepkes Günther Grünthal: Über den Autor, Privatdozenten Dr. phil. habil. Klaus-Peter Hoepke, in: Klaus Peter-Hoepke, Geschichte der Fridericiana. Stationen in der Geschichte der Universität Karlsruhe (TH) von der Gründung 1825 bis zum Jahr 2000, 2007, S. 16-19.
Professionalisierung
Mit Ausnahme einiger aus dem vormaligen Referat Archiv und Dokumentation übernommener Unterlagen baute Hoepke das Universitätsarchiv auf, ohne Vorarbeiten zu nutzen. Er übernahm Material aus universitären Einrichtungen, warb Professorennachlässe ein und legte Sammlungen an. Mit der Ordnung des Archivguts nach dem Provenienzprinzip orientierte er sich an dem wesentlichsten archivischen Organisationsprinzip. Findmittel wurden maschinenschriftlich und teilweise mit einem Textverarbeitungsprogamm erstellt. Ein Dienst- und Magazinraum des Archivs befand sich zunächst im Institut für Geschichte in Bau 2 des Kollegiums am Schloß (Schlossbezirk 12) und ab 1995 im Ostflügel des Hauptgebäudes an der Kaiserstraße. Hoepke wirkte offiziell bis zum Erreichen der Altersgrenze am 31.07.1997 und auch darüber hinaus. In seiner Amtszeit dürfte das Universitätsarchiv einen Umfang von ca. 200 Regalmetern erreicht haben. Organisatorisch war es zunächst dem Institut für Geschichte angebunden. Für das akademische Jahr 1989/90 erscheint es in den Personalverzeichnissen der Universität als Stabsstelle im Rektoramt, ab dem akademischen Jahr 1990/91 als Teil der zentralen Universitätsverwaltung und somit dem Kanzler unterstellt. 1999 wurde das Archiv in die Abteilung Presse und Kommunikation eingegliedert.[22]
Nach dem offiziellen Ende von Hoepkes Beschäftigung war Gerhard Neumeier als erster ausgebildeter Archivar von Mai 1999 bis Ende April 2001 Leiter des Archivs. Seine Arbeitskraft war zu einem großen Teil für das im Jahr 2000 begangene 175. Gründungsjubiläum der Universität gebunden, doch übernahm auch er eine Reihe von Beständen. Im Februar 2002 übernahm der wissenschaftliche Archivar Klaus Nippert die Leitung des Archivs. Zum 01.10.2005 wurde das Archiv aus der Abteilung Presse und Kommunikation ausgliedert und zu einer Stabsstelle des Rektors.
[22] Angaben nach KITA 21011, 652, sowie den Dienstakten des KIT-Archivs und den gedruckten Personalverzeichnissen der Universität Karlsruhe (TH).
Entwicklung zum KIT-Archiv
Mit dem zum 01.10.2009 erfolgten Zusammenschluss der Universität Karlsruhe (TH) mit dem Forschungszentrum Karlsruhe zum Karlsruher Institut für Technologie (KIT) übernahm das Universitätsarchiv unter der neuen Bezeichnung KIT-Archiv als zusätzliche Aufgabe die Archivierung von Unterlagen aus dem nun als Großforschungsteil des KIT bezeichneten ehemaligen Forschungszentrum. Zuvor hatte das Generallandesarchiv Karlsruhe aufgrund eines mit dem Forschungszentrum Karlsruhe geschlossenen Depositalvertrags dort entstandene Unterlagen übernommen. Diese Tätigkeit erstreckte sich auf die bis 1993 entstandenen Unterlagen des Vorstands und die Akten großer nukleartechnischer Vorhaben (u.a. Projekt Schneller Brüter) und ist mittlerweile beendet. Das Generallandesarchiv Karlsruhe verwahrt diese Unterlagen weiterhin als Depositum. Zum 27.06.2017 wurde das KIT-Archiv vom Landesarchiv Baden-Württemberg als fachgerechtes Archiv im Sinne des Landesarchivgesetzes anerkannt. Daraufhin erfolgte zum 05.07.2018 die Rückführung der in den 1950er und 1960er Jahren im Generallandesarchiv Karlsruhe deponierten, dort als Bestand 448 verwahrten Unterlagen der Polytechnischen Schule bzw. Technischen Hochschule Karlsruhe in das KIT-Archiv. In der Organisationsstruktur des KIT ist das KIT-Archiv seit dem 01.01.2017 eine Abteilung innerhalb der Dienstleistungseinheit Allgemeine Services. Der Gesamtumfang der Bestände beläuft sich gegenwärtig auf rund 1.300 Regalmeter.